Fashion Tech – Neugestaltung der Customer Experience

Die Modebranche war schon immer eine ideale Spielwiese für Innovation. Die heutige Entwicklung der Fashion Tech-Bewegung ist eine Reaktion auf die Bedürfnisse der Marken, ihre Lieferkette zu verbessern, ihre digitalen Kanäle und Kundenbeziehung zu überdenken, während sie gleichzeitig ihre Umsätze steigern.
Einst den Luxusmarken vorbehalten, breitet sich disruptive Innovation nun auch auf Konfektionskleidung aus, wobei die Customer Experience stets im Mittelpunkt steht – vom Produktdesign bis zum Marketing.

Während Neukunden (seien es Millennials oder die Gen Z) auf der Suche nach einer neuen Verbindung zu Marken und einer gewissen Exklusivität sind, hat COVID-19 eins verdeutlicht: Die Dringlichkeit einer Neugestaltung der Customer Experience – mit oder ohne stationären Handel – und die Notwendigkeit für Brands, sich auf Veränderungen und Innovationen einzulassen. Vom Branchenführer LVMH, der sein Förderprogramm „La Maison des Startups“ im Zentrum des Startup-Campus Station F gegründet hat, bis hin zu Fast-Fashion-Akteuren – sie alle streben die Entwicklung von Technologien an, mit denen sie sich differenzieren können, selbstständig oder mithilfe von Partnerschaften mit den neuesten Tech-Startups.

Neue Akteure, von D2C-Experten bis hin zu Plattformen, konkurrieren mit etablierten Brands. Und das nicht nur, indem sie ihre Produkte revolutionieren, sondern auch, indem sie neues Konsumverhalten ermöglichen. In diesem Artikel stellen wir einige spannende Fashion-Tech-Unternehmen vor, die große Modeunternehmen bei der Neugestaltung ihrer Customer Experience unterstützen!

Produktdesign – KI auf dem Laufsteg

Was wird das ultimative Trendteil, das alle Fashionistas im nächsten Jahr tragen werden? Viele Designer träumen davon, genau diesen Trend vorherzusehen. Das Pariser Unternehmen Heuritech arbeitet bereits mit führenden Brands wie Louis Vuitton, Dior und adidas zusammen, um sie dabei zu unterstützen, frühzeitig die Signale der Influencer und Verbraucher der Modebranche zu erkennen. Durch den Einsatz von KI und Daten für das Scannen von Millionen von Social-Media-Bildern, entwickelte das Unternehmen eine Plattform zur Trendprognose. Diese ermöglicht es Brands, Nachfragen und Trends genauer vorherzusagen und ihre Produkteinführungen und Warenbestände gezielter zu steuern.

Nach Maß: Individuelle Kleidung für alle?

Die Modebranche ist als eine der ressourcenintensivsten der Welt bekannt. Nachhaltigkeit und Personalisierung werden zu unumgänglichen Trends für Fashion Brands. Unspun, ein in Hongkong ansässiges Startup, wird beiden Anforderungen gerecht. In Zusammenarbeit mit großen Unternehmen wie H&M stellt das Startup mithilfe von 3D-Scans und Robotertechnologien maßgeschneiderte Jeans her. Kunden können mithilfe einer Smartphone-App oder bei Unspun vor Ort mit einem Fit3D-Körper-Scanner einen 3D-Scan ihres Körpers erstellen lassen, um ihren virtuellen Avatar mit 100.000 Datenpunkten zu generieren. Im Anschluss wählen sie ihren gewünschten Stoff aus biologischen und recycelten Materialien aus, bevor die Webtechnik von Unspun zum Einsatz kommt, die eine einzigartige Jeans mit reduziertem Verschnitt liefert.

Product Discovery – die Suche nach der Nadel im Heuhaufen

Auch wenn die Corona-Pandemie Online-Shopping begünstigt hat: Verbraucher werden oft mit Inspiration aus den sozialen Medien überflutet und haben Schwierigkeiten, ihr Wunschprodukt unter dem überwältigenden Online-Angebot zu finden.
Die Plattform von Syte bietet Brands die erste Product Discovery Plattform, die von visueller KI (Kamerasuche), NLP (Natural Language Processing, dt. Verarbeitung natürlicher Sprache) und Hyper-Personalisierung angetrieben wird und eine durchschnittliche Steigerung der Conversion Rate ihrer Kunden um 177 % verspricht. So können Käufer zum Beispiel ihre neuesten Instagram-Screenshots hochladen, um das passendste Produkt auf der Markenwebsite zu finden.

Empfehlungsmaschinen für Kleidergrößen – das Ende der Umkleiden?

Mit der Zunahme des Online-Shoppings und Angeboten wie „Kostenloser Versand und Rücksendung“ stehen Brands vor der permanenten Herausforderung, die Retourenquote zu senken und gleichzeitig Überproduktion und Abfall zu begrenzen.

Um die Zufriedenheit der Erstbestellung insbesondere in Bezug auf die Passform zu verbessern, unterstützen Unternehmen wie Truefit oder ZyseMe Brands dabei, ihre Verbraucherdaten wirksam einzusetzen. Sie ermöglichen es ihnen, das Einkaufserlebnis ihrer Kunden zu optimieren und zu personalisieren, indem sie die Verbraucher zu den Produkten weiterleiten, die ihren Bedürfnissen bestmöglich entsprechen und die für sie passende Größe empfehlen. Einige Unternehmen haben diese Kompetenzen bereits intern entwickelt, z. B. Nike mit der App Nike Fit, die den Fuß des Kunden scannt, um das perfekte Paar Schuhe zu finden.

AR- und VR-Lösungen – Ersetzen bzw. Erweitern das stationäre Einkaufserlebnis

Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) Lösungen für Einzelhändler haben sich im Laufe des letzten Jahrzehnts deutlich verbessert. Während die ersten Pilotprojekte noch wie Low-Tech-Videospiele aussahen, ermöglichen sie es Brands heute, ihren Kunden neue Erfahrungen bereitzustellen. Das Startup Obsess, dass bereits mit Dior, Diesel und Coach zusammengearbeitet hat, erlaubt eine 360-Grad-VR-Rekonstruktion von Flagship-Stores auf deren Websites. Zusätzlich bietet es Verbrauchern dank AR zu Hause oder im Store ein 3D-E-Commerce-Experience, um Produkte zu visualisieren oder zu vergleichen. MemoMi hat hingegen mit der Entwicklung des Memory Mirror® das Kundenerlebnis im stationären Handel revolutioniert. Dabei handelt es sich um einen Augmented-Reality-Spiegel, der es den Kunden ermöglicht, Produkte virtuell anzuprobieren und Empfehlungen basierend auf ihrem Profil, Stil und ihren Vorlieben zu erhalten.

Image credits MemoMi

Lieferkette – Rückverfolgung der Produktherkunft und Bekämpfung von Produktfälschungen

Im Zuge der globalen Bewegung „Fashion Revolution“ (#whomademyclothes) wird es zunehmend wichtiger, dass Brands ihre Bemühungen für mehr Transparenz verstärken. Apps wie Clear Fashion geben Verbrauchern die Möglichkeit, Brands nach verschiedenen Kriterien wie 

Umweltbelastung, Arbeitsbedingungen und Tierschutz usw. zu bewerten. Lösungen dieser Art, die zunehmend durch die Blockchain-Technologie unterstützt werden, verbessern die Rückverfolgbarkeit von Produkten von der Faser bis zum Stoff. So wird es den Verbrauchern erleichtert, bewusstere und fundiertere Entscheidungen zu treffen.

Das schwedische Unternehmen TrusTrace entwickelte Lösungen für die Rückverfolgung und die Nachhaltigkeit, basierend auf KI, Blockchain und IoT, um die Datenerhebung von Zulieferern zu automatisieren während Brands und Kunden die „tatsächlichen Kosten eines Produkts“ erkennen. In ähnlicher Weise nutzt die Plattform Provenance Blockchain-Zertifikate, um die Produktherkunft zu verifizieren. Dies wiederum hilft Brands, ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen mittels Storytellings zu ihren Kunden zu transportieren.

Auch für die Luxusbranche ist es wichtig, die Herkunft eines Produkts zu kennen, da diese in Bezug auf Umsatz und Image durch Fälschungen zunehmend untergraben wird. Das Startup Entrupy setzt beispielsweise Künstliche Intelligenz und Machine-Learning-Algorithmen ein, um Produkte zu authentifizieren, während das französische Unternehmen Cypheme jedes Produkt mit einem einzigartigen Tag versieht: bereits ein simples Bild erlaubt eine vertrauensvolle und sichere Produktidentifizierung.

Eine Innovation in der Lieferkette: Returnity schützt den Planeten und reduziert gleichzeitig die Kosten für Brands. Das Startup entwickelt maßgeschneiderte wiederverwendbare Verpackungen aus recycelten und wiederverwerteten Stoffen für den E-Commerce (Tüten und Kartons, die über 40 Sendungen standhalten).

Neue Verbrauchskonzepte: von Clothing-as-a-Service zu Second-Hand-Märkten

Betrachtet man das neue Konsumverhalten, ist das Interesse der Verbraucher für den 40 Milliarden Dollar schweren weltweiten Second-Hand-Modemarkt, mit seinen Hauptakteuren Vinted und Vestiaire Collective, nicht zu übersehen. Damit Brands von diesem Trend profitieren und ihre Kunden binden können, hat Reflaunt eine intuitive Plattform geschaffen, um sich mit Second-Hand-Marktplätzen zu vernetzen. Auf diese Weise können Kunden bereits erworbene Artikel auf der brandeigenen Website weiterverkaufen und Gutschriften erhalten bzw. Punkte sammeln.

Interessanterweise wird das Wachstum des Online-Kleidung-Vermietung-Marktes, der bis Ende 2023 1,9 Milliarden US-Dollar erreichen könnte, von Einzelhändlern aufmerksam beobachtet. Startups wie das Berliner Unternehmen RE-NT, das US-amerikanische Unternehmen CaaStle oder das französische Unternehmen Lizee bieten Brands White-Label-E-Commerce- und Logistiklösungen, um Plattformen für die Kleidervermietung einzurichten.

Die Liste neuer Fashion-Tech-Akteure endet hier aber natürlich noch nicht. Es handelt sich hierbei lediglich um einen kleinen Vorgeschmack!

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